Jeder Stern, egal wie klein, ist ein Stern

Geschrieben von Franzi

8. Juli 2017

Ich habe in den letzten Wochen unheimlich viele Sternenmamas und ihre Geschichten kennenlernen dürfen. All diese herzensguten Frauen und ihre schmerzhaften Verluste. Es ist nicht fair.
Ich habe mich vorher nie wirklich mit dem Thema “Kindsverlust” auseinandergesetzt. Klar, war mir in den ersten 3 Monaten der Schwangerschaft mit Lennis etwas Bange, aber meine Angst ging auch nur bis dahin. Danach habe ich mich relativ sicher gefühlt. Ich hätte im Leben nie gedacht, was eigentlich noch alles passieren kann und wie viel Glück es bedeutet, ein gesundes Kind haben zu dürfen. Selig sind die Unwissenden…
Plötzlich prasseln all diese Geschichten auf mich ein. Die vielen Stillgeburten zum Ende der Schwangerschaft, die seltenen Syndrome, die Frühverluste, die verzweifelten Eltern, die oftmals unbekannten Ursachen. Ich habe mich bisher noch nicht mit Statistiken beschäftigt. Vielleicht lasse ich es auch besser. Eine Folgeschwangerschaft wird so schon schwer genug werden. Aber in den USA sehe ich oft die Message “I’m the 1 in 4.”. Das bedeutet eine von vier Frauen verliert ihr Kind während der Schwangerschaft oder im ersten Lebensjahr. Das ist eine heftige Nummer, wenn sie denn wahr ist. Ich habe davon bis zu Lennis’ Tod nie etwas mitbekommen. Es ist ein Thema über das niemand spricht. Erst wenn man selbst betroffen ist, beginnen sich die Leute einem zu öffnen. In diesen vielen Gesprächen ist mir vor allem eins immer wieder aufgefallen: die Vergleiche, die betroffene Mamas untereinander ziehen.

“Ich habe mein Kind in der 20. SSW tot geboren. Das war schon schwer… Aber du… bis zum Ende. Das muss noch viel schlimmer sein.”

“Ich traue mich gar nicht, meine Geschichte hier zu teilen. Ich habe mein Kind schon in der 10. SSW Woche verloren. Aber ihr… für euch muss es viel schlimmer gewesen sein.”

Und ich selbst habe mich sagen hören: ” Wenigstens ist mein Kind gleich nach der Geburt gestorben. Dein Kind hat 8 Monate gelebt. Du hast eine Beziehung aufgebaut. DAS muss erst schlimm sein.”

Wir Menschen tendieren dazu Vergleiche zu ziehen. Man versucht das eigene Geschehene dadurch weniger schlimm wirken zu lassen. Aber klappt das wirklich? Tut mir mein Verlust weniger weh, nur weil ich weiss, jemand anderes hat sein Kind nach 8 Monaten verloren und nicht wie ich nach nur drei Stunden? Habe ich deswegen weniger Sehnsucht nach meinem Baby? Die Antwort ist “nein”. Wir versuchen lediglich uns etwas einzureden, um uns besser zu fühlen. Aber es klappt nicht. Und das liegt ganz einfach daran, dass wir ein KIND verloren haben. Wir haben nicht unser Auto zu Schrott gefahren oder eine teure Kette verloren. Es geht um ein kostbares, unbezahlbares, zartes Leben. Ganz egal, ob in der frühen oder fortgeschrittenen Schwangerschaft, gegen Ende, zur Geburt oder später. Es ist und bleibt unser Kind. Das eigene Fleisch und Blut, auf das man sich so gefreut hat. Wir sind Mamas von dem Moment an, wo sich der kleine Embryo in uns einnistet. Und mit dem positiven Schwangerschaftstest in unserer Hand, beginnen wir uns eine neue Zukunft auszumalen. Was wir mit unseren Kindern erleben wollen und wie wir ihnen die Welt erklären wollen. Wir träumen vom ersten Lächeln, den ersten Schritten, dem ersten gemeinsamen Urlaub, der Einschulung, dem ersten gebrochenen Herzen, was unsere Kinder irgendwann mal werden sollten, welche Sportart sie betreiben werden, ob sie Musiker oder Künstler werden, wem sie ähnlich sehen könnten (oder besser sollten – Bitte lieber Papas Augen, aber nicht seine grosse Nase), welche Charakterzüge man am liebsten weitervererben würde und man fängt automatisch an, sich die verschiedensten Namen durch den Kopf gehen zu lassen. Es ist brutal, wenn einem all das wieder genommen wird. Es ist einfach nicht fair und hinterlässt eine nicht zu füllende Leere. Ich glaube wirklich, dass ein kleines Stück von unserem Herzen mit dem Kind gegangen ist. Es wird immer etwas fehlen.

Liebe Sternenmamas, ganz egal wann ihr eurer Sternchen habt ziehen lassen müssen, jede von euch hat das Recht zu trauern. Ihr habt das Recht traurig, verzweifelt, wütend oder ängstlich zu sein. Ihr habt euer Kind verloren. Nehmt euch bitte alle Zeit der Welt diesen schweren Verlust zu verarbeiten.

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3 Kommentare

  1. Liebe Franzi,
    zunächst einmal tut es mir unglaublich leid, dass du deinen Lennis zu den Sternen ziehen lassen musstest. Das zu erleben ist einfach falsch und unfair, für mehr fehlen mir einfach die Worte.
    Deine Einträge strahlen neben der Liebe zu deinem Kind unglaublich viel Stärke aus. Es ist toll, dass du dich dafür einsetzt, dass das Thema Sternenkinder Gehör bekommt. Genau wie du, bin auch ich nach meinem Verlust auf den amerikanischen Slogan “I’m the one in four” gestoßen und wünschte es gäbe eine ähnliche Bewegung hier bei uns. In der ganzen Trauer und Orientierungslosigkeit tut es gut zu sehen, dass man nicht alleine ist. Der Verlust des Kindes schiebt sowieso alles in den Hintergrund, aber das Gefühl des ausgeschlossen seins, des nicht normal seins, des nirgendwo dazu gehörens lässt einen nochmal mehr den Halt verlieren.
    Ich wünsche dir und deiner Familie ganz viel Kraft für die kommende Zeit.
    Liebe Grüße
    Sonja

    Antworten
    • Liebe Sonja, vielen Dank für deine mitfühlenden Worte. Es tut mir leid, dass auch du eine Sternenmama bist. Keiner von uns hat das verdient…
      Wir haben demnächst ein kleines Projekt am Start zum Thema Regenbogenbabies und “awareness”. Wenn du Interesse hast, schreib mir doch ein Mail. Kreativer Input ist immer willkommen!

      Sei ganz lieb gegrüsst!
      Franzi

      Antworten
  2. Wow treffender hät mers ned chönne schriibe.
    Danke dier ond wiiterhin vell chraft ond liebi.
    Liebe Gruess Sarah

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