Als ich mit Lennis schwanger war, wusste ich, dass ich zur Geburt nicht ins Seespital wollte. Ich wollte diesmal einige Dinge anders machen. Ich wollte eine Geburt ohne Medikamente und PDA. Dafür aber eine durchgehende Unterstützung, in Form einer Beleghebamme. Ich hatte mein Herz schon lange an meine Hebamme Marie verloren. Sie sollte mich durch die Schwangerschaft begleiten und zur Geburt im Spital dabei sein. Da Marie nur im Paracelsus Spital Beleghebamme war, war von Anfang an klar, dass ich im Paracelsus gebären werde. Das Paracelsus in Richterswil ist bekannt dafür, bei der Geburt so wenig wie möglich einzugreifen und in die natürlichen Fähigkeiten der Frau zu vertrauen. Da meine Frauenärztin vom Seespital gerade aufgehört hatte, hab ich mich im Paracelsus nach einer neuen Gynäkologin umgesehen. Dort bin ich dann zu der wunderbaren Dr. Jana Vorbachova gekommen. Sie hat mich wirklich fantastisch durch die Schwangerschaft begleitet, mit viel Wärme, Herz und Feingefühl.
Nachdem Lennis zu den Sternen geflogen ist, hat man sich im Spital rührend um uns gekümmert. Wir haben ein grosses Zimmer, weit weg von der Wochenbettstation, bekommen, wo man uns zwei Betten zusammen geschoben hatte, damit mein Mann auch über Nacht bei mir bleiben konnte. Vom ersten Moment bis zum letzten ist uns unheimlich viel Mitgefühl entgegengebracht wurden. Der Schock sass bei allen tief. Bei jedem flossen die Tränen, vom Zimmerservice bis zur Chefärztin. Jeder hat sich Zeit für uns genommen. Wir konnten alle Fragen stellen, durften uns ausweinen und man hat uns bei den ganzen administrativen Dingen versucht zu unterstützen.
Die 4 Tage im Spital stand ich total unter Schock. Es kam mir alles so unwirklich vor, wie ein komischer Traum. Ich konnte nicht fassen, dass uns das passiert ist. Es hat bis zum zweiten Abend gedauert, dass das Verstehen einsetzte und endlich die Tränen richtig flossen. Vor allem die Nächte waren unerträglich. Ich bin oft aufgewacht, hab aus dem Fenster geschaut und habe Lennis ganz schrecklich vermisst. Eigentlich hätte er neben mir liegen sollen… Ich habe viel Besuch gehabt, das hat sehr geholfen und abgelenkt. Auch meine Hebamme Marie wich mir mit ihrer beruhigenden Art kaum von der Seite. Nur mein grosser Sohn hat mir Sorgen gemacht. Er muss mit seinen 2 Jahren sehr gespürt haben, das irgendetwas überhaupt nicht stimmte, aber wie sollte er so etwas verstehen. Er hat mich kaum angesehen und wurde immer richtig überdreht. Meine Familie ist dann mit ihm im Spital hoch und runter gelaufen. Bei mir wollte er nicht bleiben. Das war unglaublich hart.
Obwohl mein Spitalzimmer für mich wie eine Insel der Sicherheit war, wollte ich schnellstmöglich nach Hause. Ich konnte es nicht ertragen Finnley so zu sehen und habe alles getan um wieder fit zu werden. Ich bin einen Tag nach dem Kaiserschnitt alleine duschen gewesen und war am dritten Tag schon ohne Schmerzmittel. Ich war froh, dass mein Körper die Operation so gut wegsteckte.
Den Abend vor meinem Spitalaustritt hat die Chefärztin eine wunderschöne kleine Zeremonie für Lennis in unserem Zimmer organisiert. Jeder, der an dem Tag als Lennis starb dabei war, war dazu eingeladen. Sie kamen mit Blumen und gebastelten Karten, haben Gedichte vorgelesen und gebetet. Es war wunderschön…
Am nächsten Tag fand noch eine Zeremonie im Spital für alle Mitarbeiter statt. Im Raum standen Blumen und es waren so viele Angestellte dort, nur um unseren kleinen Lennis zu gedenken und zu ehren. Sie haben auch hier Gedichte vorgelesen, gebetet und gemeinsam gesungen. Es war so berührend, wie viele Tränen dort für uns flossen.
Ich kann heute, 2 Monate später, sagen, dass es wohl einen Grund gab, dass es mich ins Paracelsus Spital in Richterswil gezogen hat. Ich weiss nicht, ob wir woanders genauso aufgefangen worden wären. Die Menschen, die dort arbeiten, strahlen so viel Geborgenheit und Mitgefühl aus. Man ist nicht nur Patient, sondern vor allem erstmal Mensch. Ich spüre so viel Wärme und Dankbarkeit für dieses Spital. Dieser Ort und seine Mitarbeiter werden immer einen ganz speziellen Platz in meinem Herzen haben.
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