Heute war es so weit. Der Tag, vor dem ich mich zunehmends gefürchtet habe. 16 Wochen Mutterschutz waren vorbei und ich musste wieder auf Arbeit gehen. Schon in den letzten 1-2 Wochen habe ich gemerkt, dass ich immer emotionaler wurde. Ich habe plötzlich wieder schneller angefangen zu weinen, war trauriger und habe mich mehr zurück gezogen. Normalerweise kann ich recht gut einschätzen, warum es mir schlecht geht. Aber diesmal konnte ich den Finger nicht so recht darauf legen. Vielleicht war es eine Phase. Trauer kommt und geht in Wellen. Mal ist sie weniger schmerzhaft, mal mehr. Das ist mir bewusst. Aber ich denke auch, dass mich die Rückkehr zur Arbeit sehr belastet hat. Es ist ein grosser Schritt zurück in den Alltag und raus aus meiner “Komfortzone”, die ich mir gerade halbwegs aufgebaut habe. Ich werde mich mit vielen Dingen konfrontieren müssen. Bis vor ein paar Monaten, habe ich noch schwanger und glücklich dort in meinem Büro gesessen. Da stecken noch so viele Erinnerungen drin. Glückliche Erinnerungen, an die Zeit DAVOR. Ausserdem kennen mich sehr viele Mitarbeiter und werden mich ansprechen. Manche von ihnen wissen was passiert ist, andere nicht. Das wird unausweichlich zu unangenehmen Situationen führen. Aber ich kann es nicht ändern. Es ist wieder etwas, durch das ich durch muss.
Heute Morgen bin ich dann zwei Minuten vor meinem Wecker klingeln aufgewacht. Ich habe mich und Finn zeitgerecht parat gemacht und es super pünktlich aus dem Haus geschafft. In der Krippe wollte Finn unbedingt bei mir bleiben. Er hat geweint und sich an mich geklammert. Er tat mir so leid. Wahrscheinlich hat er meine Anspannung gespürt. Im selben Moment schossen aber auch wieder sämtliche Ängste und bescheuerte Gedanken ein. Spürt er, dass etwas passieren wird? Will er mich deswegen nicht loslassen? Werden sie gut auf mein Kind aufpassen? Diese Gedanken sind so dumm. Das weiss ich. Sie sind aber auch genauso gnadenlos. Muttergefühle eben. Da kann man nichts machen. Wir haben immer Angst um unsere Kinder. Wenn man aber schon ein Kind verloren hat, weiss man, wie fragil das Leben ist und dass das Schicksal auch mehrfach zuschlagen kann. Da fällt es manchmal sehr schwer seine Ängste in den Griff zu bekommen.
Ich habe es aber am Ende ohne Tränen ins Büro geschafft. Ich habe meine Badge an der Rezeption geholt. Ein paar Kollegen getroffen. Mir sind viele warme Worte mit auf den Weg gegeben wurde und doch waren meine Tränen kurz vor dem Überschwappen. Es war einfach sehr intensiv wieder dort zu sein. Einer meiner Kollegen von unserem Stockwerk begrüsste mich dann freudestrahlend und fragte mich, wie es zu Hause mit den Kindern geht. Er wusste nicht was passiert war. Ich wusste nicht recht was ich sagen sollte und fing an rumzustottern. Er hat mich so fragend und irritiert angeschaut, dass ich ihm einfach die Wahrheit gesagt habe. Er hatte sofort Tränen in den Augen und sich entschuldigt. Plötzlich war er es, der stammelte. In solchen Situationen schalte ich lieber um auf “Starksein”. So kann ich meine Gefühle besser kontrollieren. Da ich eh so einen dicken Kloss im Hals hatte, habe ich ihm gesagt, dass alles gut würde und bin in schnell in mein Büro gegangen.
Es fühlte sich sehr komisch an wieder in meinem alten Büro zu sein. Beim letzten Mal sass ich hier noch hochschwanger und freute mich auf den Mutterschaftsurlaub. Nachdem ich meinen Platz wieder eingerichtet hatte, ging ich all die vielen Emails durch, die sich in den letzten Wochen angesammelt hatten. Das meiste Werbung. Und doch musste ich zweimal ganz schön schlucken. Einmal war es die Einladung zu Kaffee und Kuchen um das Baby meines Chefs willkommen zu heissen und in einer anderen wurde zur Willkommensfeier für das Baby meines Kollegen eingeladen. Solche Dinge tun immer noch sehr weh. Wie gerne hätte ich auch mit meinen Kollegen die Geburt meines Kindes gefeiert. Es ist nicht fair und dieser Stachel sitzt doch immer noch tief.
Eine liebe Kollegin von mir hat sich dann mit mir zum Kaffee getroffen. Sie wusste, dass wir unser Baby verloren hatten, aber sie kannte keine Details. Wir haben lange geredet und ich konnte alles rauslassen. Danach ging es mir wesentlich besser. Der Morgen ging schnell rum. Ich bin dann noch mit meinen Kollegen zum Mittagessen in die Kantine gegangen. Dort habe ich unseren HR Direktor für EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) getroffen. Das war die kurioseste Begegnung von allen bisher. Er meinte zu mir, dass ich wohl eine schwere Zeit hinter mir hatte. Als ich das bejahte und ihm sagte, dass es mein erster Tag ist und es nicht so leicht ist, hat er mir tatsächlich ungelenk den Kopf getätschelt. Im Nachhinein muss ich darüber schmunzeln. Es war so bizarr und trotzdem hat er noch nie etwas Netteres getan.
Diesen Tag hier Revue passieren zu lassen, hat mir sehr gut getan. Es war insgesamt ein ganz guter Tag, wenn auch sehr emotional und voller Erinnerungen. Ich bin trotzdem froh, dass ich ihn hinter mich gebracht habe und erstmal nur halbtags arbeite. Es war psychisch doch sehr anstrengend. Ich bin gespannt, wie ich mich in den weiteren Tagen fühlen werde.
????! Franzi, einmal mehr chapeau. Kannst ganz schön stolz sein auf dich, ich bin es auf dich! ?
Jöö so lieb von dir! DAAANKE 🙂
Wie sehr kann ich Dich verstehn… mich an meinen ‘ersten’ Tag erinnern. Ja, es werden immer wieder solche Momente kommen. Arbeitskolleginnen schwanger zu sehen und aufs Baby anstossen, tut einfach immer wieder sehr weh. Am Ort zu stehen, an welchem damals auch auf mich angestossen wurde…