Kunstvoll Trauern Teil 1 – Tody und Angelina

Geschrieben von Franzi

2. November 2018

Trauer ist etwas ganz individuelles. Es gibt keinen festgelegten Ablauf, keinen Plan oder Rezept. Was für den einen funktioniert, mag dem anderen überhaupt nicht helfen. So müssen wir alle unseren ganz eigenen Weg durch unsere Trauer suchen. Wir können in Therapie gehen, wir können darüber reden, wir können schweigen oder unsere Gefühle durch Kunst ausdrücken. Ich möchte gerne die letzten Wochen dieses Jahres dieser Trauer-Kunst widmen. Sei es Musik, Poesie, Bücher, Malerei, Illustrationen oder Skulpturen. Im letzten Jahr bin ich über unglaublich viele inspirierende und emotionale Kunststücke gestolpert. Mit einigen dieser Künstler durfte ich sogar persönlich Kontakt aufnehmen und die Inspiration hinter ihren Werken erfahren.

Ich möchte heute den Anfang mit einem ganz besonderen, wundervollen Buch starten: Tody und Angelina. Es ist ein ganz besonderes Bilderbuch über Sterben, Abschied nehmen und Loslassen. Geschrieben wurde es von Elli Schäfer, Mitglied der Schweizer Stiftung Jasmina Soraya für Sternenfamilien. Hier ist ihre Geschichte:

“Hallo mein Name ist Elli Schäfer, ich bin das Gotti vom Sternenkind Jasmina Soraya. Sie starb am 3. Februar 2012 mit nur 9 Monaten. Jasmina, ist (für uns lebt sie „anders“ weiter) die Tochter von meiner Freundin und Seelenschwester Sabine. Ich erinnere mich leider noch sehr gut an den Tag als Jasmina verstarb. Es schneite wie verrückt, und ich war gerade dabei die Einfahrt vor Sabine’s Haus frei zu schaufeln. Drinnen im Haus spielte vergnügt der damals 4-jährige Bruder von Jasmina Soraya mit seiner Oma. Wir haben dafür gesorgt, dass es ihm gut geht, während seine Mama Sabine und sein Papa im Spital bei Jasmina sind, um sie auf ihrer Rückreise in ihre himmlische Heimat zu begleiten.

Wir erfuhren am 23. Dezember 2011 das Jasmina unheilbar krank ist und vermutlich keine zwei Jahre alt werden würde. Für uns alle brach eine Welt zusammen. Wir waren fassungslos, ohnmächtig und unglaublich traurig. Doch für uns war auch zeitgleich klar; wir waren unendlich dankbar für die Zeit, die wir mit ihr schon hatten und wollten ihr einfach noch eine schöne und vor allem schmerzfreie Zeit hier auf Erden ermöglichen. Ich versuchte Sabine und ihrer Familie so nah wie möglich zu sein, begleitete sie so oft wie möglich zu Arzt- und Therapie-Terminen. Passte auf ihren grossen Bruder auf und unterstützte die ganze Familie soweit wie es möglich war. Es war eine Zeit, die ich gar nicht mehr so richtig beschreiben kann. Man funktionierte einfach, mit diesem Wunsch, dass es den Kindern einfach so gut wie möglich ging. Unsere „Prinzessin“ hat sich dann aber auf einmal entschieden, eine Abkürzung ihrer Lebenszeit zu nehmen. Nach zwei Lungenentzündungen kurz hintereinander war ihr Körper zu geschwächt um weiter leben zu können. Eine intensive Zeit im Krankenhaus begann. Da ihr Bruder ein paar Tage vorher selber erkrankte, blieb anfänglich sein Papa bei ihm und ich durfte, zusammen mit Sabine im Krankenhaus am Bett von Jasmina sein. Sie sollte nie alleine sein, das war der Wunsch von uns allen. Und das konnten wir ihr auch erfüllen. Sie war die ganze Zeit nie alleine. Als es dann soweit war und wir sahen, dass Jasmina nun tatsächlich gehen möchte, ging ich nach Hause zu ihrem Bruder und der Oma und der Papa fuhr ins Krankenhaus zu seiner Sabine und seiner Tochter Jasmina.

Jasmina schlief im Beisein von ihren Eltern am 3. Februar 2012 für immer ein.

Ich schaufelte gerade wie verrückt Schnee als mein Handy klingelte. An diesem Tag schneite es so intensiv, dass man fast nicht nachkam mit der Einfahrt freischaufeln. Wie durch Watte hörte ich Sabine sagen, dass Jasmina friedlich über die Regenbrücke zurück in ihre himmlische Heimat gegangen ist. Ich brach da draussen im Schnee zusammen. Oh mein Gott!!! Es zerbrach mir fast das Herz, dieser Schmerz sprengte mir fast meine Brust. Ich weinte um den Verlust dieser besonderen Seele, die leider viel zu kurz hier auf Erden sein durfte. Ich wusste, dass ich jetzt rein gehen muss um es auch der Oma vorsichtig mitzuteilen, dass ihre Enkelin gestorben ist, aber ihr Bruder sollte es nicht von uns erfahren. Wir wollten, dass er von seiner Mama und Papa erfährt, dass seine Schwester nicht mehr heim kommt. Doch wie sollte das gehen? Die Vorstellung dass ich meine Trauer und Kummer nicht zeigen soll, war fast nicht zu ertragen, doch der Wunsch war gottseidank stärker, so dass wir es tatsächlich geschafft haben, dass er nichts gemerkt hat (oder er hat es uns nicht zu spüren gegeben, er war seiner Schwester immer sehr nah, doch wir wissen, dass die Kinder eh anders damit umgehen, wenn es die Verbindung zwischen dem Hier und dem Da geht.) Heute kann ich es nicht mehr erklären, wie die Oma und ich es geschafft haben, fröhlich gegenüber ihm zu bleiben. Diese unsagbare Trauer in unserem Herzen nicht zeigen zu dürfen, war für mich  eine der schlimmsten Momente in meinem Leben. Doch unser kleine Strahlemann war an diesem Tag so fröhlich, ausgelassen und zufrieden. Ich habe mit ihm sogar noch einen Tanz einstudiert, den er unbedingt Mami, Papi und Jasmina zeigen wollte, sobald sie heim kommen. Den Anblick als Sabine und der Papa Stunden später mit dem leeren Maxicosi ins Wohnzimmer traten werde ich nie mehr vergessen. Doch endlich durften wir weinen, bittere Tränen der Trauer und des Verlustes unserer geliebten Prinzessin Jasmina.

Ich war so unendlich tief berührt über die liebevolle Art und Weise wie Sabine und ihr Mann dem Bruder erklärt haben, dass sein Schwesterchen nicht mehr nach Hause kommt, sondern nun im Himmel ist und als Schutzengel über ihn wachen wird. Und dieser kleine Junge hat damals so verständnisvoll und für ihn „logisch“ reagiert, dass wir sogar lachen musste, als er für seine Eltern und seine Schwester, die nun sein Schutzengel ist, voller Leben und Freude getanzt hat. Freud und Leid können so nah sein, dies war in diesem Moment ein solcher Augenblick. Stunden später sass ich im Auto und fuhr mit einer grossen Sehnsucht nach Hause, zu meinem Mann Peter und unseren frisch operierten Kater Merlyn, den ich seit vielen Stunden nicht mehr gesehen hatte und nicht wirklich wusste, wie es ihm geht. In dieser Nacht erwachte ich um 23.00 Uhr und ich musste mich „wie fremdgesteuert“ an den PC setzen. Ich wusste noch nicht was daraus wird, aber ich wusste, dass ich etwas schreiben soll. Ich zündete eine Kerze an, holte eine Packung Zupftüchli und begann zu schreiben. Morgens um 06.00h stand plötzlich mein Mann neben mir und fragte erstaunt was ich denn am Computer mache. Am Boden lagen ein Haufen vollgeweinter Papiertücher und die Kerze war fast niedergebrannt.  „Schatz“ ich glaube ich habe gerade eine besondere Geschichte geschrieben. Natürlich wollte Peter dass ich es ihm gleich vorlese. Wir weinten beide dabei bitterlich. „Mein Gott Elli“, diese Geschichte musst Du Sabine gleich vorlesen. Sie ist berührend, echt und auch bezaubernd und sie beinhaltet Heilung auf allen Bereichen unseres Seins. Ich hatte all meine Trauer aber auch all meinen Glauben und tiefste Überzeugung in diese Geschichte gelegt. Denn vor dem Tod habe ich selber keine Angst, weil ich ganz tief in meinem Herzen weiss, dass wir alle einfach wieder dahin zurück gehen wo wir herkamen. Und da ist es einfach wunderbar. Ich durfte meinen Vater und meinen Schwiegervater auf die „andere Seite“ begleiten und jeder der schon mal dabei war, weiss was für ein Frieden und pure Liebe zu spüren ist wenn sich die andere Seite öffnet und man „rüber“ gleiten kann.

Doch wenn es um das Sterben, Abschied nehmen und loslassen geht, erlebe ich in meinem sozialen Umfeld und auch sonst, grosse Angst und  dass Unsicherheit herrscht. Am liebsten nicht darüber sprechen, wenn es nicht sein muss. Deswegen schrieb ich vermutlich Tody & Angelina. Um den Menschen eine andere Betrachtung auf den Tod zu geben. Um ihnen vielleicht sogar etwas von der Angst zu nehmen.

***

Als ich Stunden später die Geschichte Sabine vorlas, war sie auch sehr berührt und sie wollte sofort, dass ich Tody & Angelina an der Verabschiedung von Jasmina den Gästen vorlese, was ich dann auch tat. Die Verabschiedung von Jasmina war herzergreifend und so schön. Die passenden Lieder wurden gespielt und viele Bilder wurden gezeigt von unserer Prinzessin. Das Vortragen von Tody & Angelina war ergreifend, schmerzhaft und gleichzeitig traurig aber auch getragen von unsagbarer Liebe und Dankbarkeit für die Zeit, die wir mit Jasmina haben durften. Den Menschen hat die Geschichte so gefallen, dass viele uns dabei finanziell unterstützt haben, um ein Buch daraus zu drucken. Doch bevor ich tatsächlich mein erstes Buch rausbringen konnte, wusste ich dass es auch illustriert haben wollte. Es sollte durch spezielle Bilder leben. Farbig und bunt, und nicht dunkel, schwarz wie üblich. Ich wusste gleich, wen ich dafür fragen wollte: Barbara Leimgruber. Barbara ist eine langjährige liebe Freundin von mir, welche seit fast 20 Jahren für meine Patenkinder, Nichten und Neffen wunderschöne Geburtsbilder gemalt hat. Ihre Zeichnungen waren immer allerliebst, farbenfroh und von einer Lebensfreude, wie man sie selten trifft. Ich war stets sehr verzückt von ihrer Art wie sie malte. Als ich sie fragte, ob sie mir die Bilder zu Tody & Angelina zeichnet war sie zuerst erschrocken. Sie soll plötzlich den Tod zeichnen? Sie konnte es sich nicht vorstellen. Doch ich hatte alles so klar im Kopf. Ich beschrieb ihr jedes einzelne Bild, jedes Detail. Nach einer Nacht Bedenkzeit hatte sie mir zugesagt. Als sie mir ihre Entwürfe zeigte, weinte ich vor Dankbarkeit und Glückseligkeit, denn sie hatte es so auf den Punkt gebracht. Jedes Bild entsprach genau meinen Vorstellungen und benötigte keinerlei Korrekturen oder Anpassungen mehr.  Wir waren getragen und geführt mit so viel himmlischer Unterstützung. Danke Jasmina.

So produzierten wir Tody & Angelina. Die ersten, mehreren Hundert Exemplare waren im Nu vergriffen. Dank einer weiteren sehr grosszügigen Herzspende von einem Bekannten der Familie Shah konnten wir dann gleich in die zweite Auflage gehen und nachdrucken. Einige Zeit später durfte ich dann sogar im Tonstudio Tody & Angelina als Hörbuch aufnehmen, eine ganz besondere Erfahrung, wofür ich bis heute sehr dankbar bin. Ein lieber Freund von Sabine, Paul Pavot aus Washington, nahm dann für uns in Amerika Tody  & Angelina in englischer Sprache auf. Eine englische Buch-Version von Tody & Angelina ist nun auch noch in Planung. So sind wir nun seit ein paar Jahren mit Tody & Angelina unterwegs. Für „unsere“ JASMINA SORAYA FONDATION ist Tody & Angelina ein wichtiges Medium geworden. Wann immer mein Buch benötigt, wird, senden wir es betroffenen Familie zu, um Trost zu spenden und Mut zu machen.

Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass die Menschen keine Angst mehr vor dem Tod, von der „anderen Seite“ haben. Es wäre so schön wenn sie erkennen und auch akzeptieren könnten, dass der Tod zum Leben dazu gehört und einfach nur den Kreis unseres Daseins wieder schliesst.  Damit wir unsere Reise zurück in unsere wahre Heimat wieder antreten können. Erfüllt von grosser Dankbarkeit für die Zeit, die wir mit unseren Sternenkinder hatten, auch wenn es manchmal nur Minuten oder Stunden waren. Möge das kurze Erdenleben unserer Sternenkinder nicht vergebens gewesen sein, möge jeder der Betroffenen erkennen, dass er im Namen seiner Tochter oder seines Sohnes etwas Gutes in die Welt hinaus tragen darf. So entstand die Jasmina Soraya Fondation. Im Namen unserer Prinzessin haben wir zwischenzeitlich soviele wundervolle Menschen kennen und lieben gelernt. Soviele heilende und berührende Momente haben wir durch unsere Aufgabe schon erlebt. Ein grosser Trost in unserer Trauer und Schmerz.

Unsere geliebten Kinder, die bereits vorgegangen sind, sind weiterhin da, einfach auf eine andere Art und Weise. Wir brauchen nur unsere Augen zu schliessen und uns auf unser Herz konzentrieren, dann können wir sie fühlen. Ich spreche bis heute mit Jasmina und wir erleben immer wieder kleine Wunder, wo wir einfach wissen, das war unsere Prinzessin. Sie steht uns bei, in allem was wir tun. Ihr frühes Zurückgehen soll nicht vergebens gewesen sein, in ihrem Namen tragen wir nun viel Gutes in die Welt. Mit unserer Stiftung Jasmina Soraya Fondation und all den wundervollen Menschen die zwischenzeitlich zu unserer Herzensfamilie gehören, wachsen wir immer mehr zu einer grossen Gemeinschaft an und lassen die Liebe, das Licht und auch die Dankbarkeit gegenüber dem Leben in die Welt und die Herzen vieler Betroffenen leuchten. Gerne möchte ich nun auch mehr Vorlesungen abhalten zb. In Kindergarten, Schulen aber auch Altersheimen, damit überall mehr Licht und Liebe fliessen kann, wenn es um den Tod, das Abschied nehmen und Loslassen geht. Der Tod ist für mich EINE BRÜCKE IN EIN ANDERES BEWUSSTSEIN.

Danke dass ich meine Geschichte erzählen durfte,

In Dankbarkeit und Liebe

Elisabeth Schäfer, genannt Elli

Rünenberg, den 28. Oktober 2018″

Hier findest du das Buch, das Hörbuch und die Jasmina Soraya Stiftung

Vielen Dank, liebe Elli, für dieses wundervolle Buch und deine ganz persönliche Geschichte dahinter. Es sind so unheimlich berührende, aber auch inspirierende Worte. Mit deinem Engagement stehst du so vielen trauernden Familien zu Seite, reichst ihnen die Hand und zeigst ihnen, wo der Weg hin gehen kann. Tausen Dank dafür!

Ich möchte gerne diesen Post nutzen und unter allen Kommentaren ein Buch von “Tody und Angelina” verlosen. Wenn ihr teilnehmen wollt, dann hinterlasst einfach einen kurzen Kommentar, hier auf dem Blog, im Instagram (still.she.rises) oder im Facebook. Am Sonntag werde ich unter allen Teilnehmer das Buch auslosen. Viel Glück!

2 Kommentare

  1. Liebe Franzi, gerne nehme ich an der Verlosung teil.
    Seit ein paar Wochen lese ich deine aktuellen und auch älteren Beiträge und kann darin einiges von mir Wiedererkennen. Auch geben sie mir Hoffnung und Zuversicht, dass das Leben weitergeht, vielen Dank dafür!
    Wir mussten unseren Luis am 8.10.2018 gehen lassen. Er ist zu früh auf die Welt gekommen. Wir vermissen ihn unendlich.
    Barbara

    Antworten
    • Ohje liebe Barbara! Das ist ja noch ganz frisch. Es tut mir so leid ? wie geht es dir? Ich hoffe, du hast liebe Menschen um dich, die dich auffangen. Wenn du magst, kannst du mir deine Geschichte gerne per Mail oder im FB messenger erzählen.

      Antworten

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