Die Masken, die wir tragen

Hinter der Fassade

Geschrieben von Franzi

20. Februar 2020

Heute ist mal wieder einer dieser Tage. Die sich urplötzlich, ohne nennenswerten Auslöser, einfach schwer anfühlen. Wo der Sonnenschien da draussen nicht ganz das Herz erreicht. An denen die kleinen Dämonen der Angst und der Traurigkeit aus ihren Schatten kriechen.

Es fiel mir heute so sehr schwer mich von meinen Kindern zu verabschieden und auf Arbeit zu gehen. Ich hielt sie ganz fest, während irgendwo in mir der Gedanke nagte “Was ist wenn das jetzt das letzte Mal ist?” Ab und an kommen diese Gedanken. Kleine, fiese Panikmacher. Und wenn sie einmal da sind, sind sie kaum abzuschalten. Da half es auch nicht, dass mein Sohn plötzlich sagte: “Mama, auch wenn ich gestorben bin habe ich dich immer noch lieb.”    Whaaaat?

“Warum sagt er sowas plötzlich?” “Hat er eine Vorahnung?” “Passiert heute was schlimmes??” Diese Momente machen mich fertig. Ich hasse sie. Sie sind so schwer auszuhalten. Im Auto hätte ich heulen können. Wegen dieser Angst und dem engen Gefühl in der Brust. Diese Panik, die sich immer weiter ausbreitet. Es kostet so viel Kraft die Zügel festzuhalten und sich nicht hineinfallen zu lassen.

Auf Arbeit angekommen fragt mich dann ein Kollege überschwänglich im Fahrstuhl diese eine Frage, die ich grad nicht hören will. Diese eine unerträgliche Frage. So unschuldig sieht sie aus. So sehr kann sie dich aus dem Konzept bringen – “Wie gehts dir?”… Nope, nicht jetzt. Nicht der richtige Ort. Nicht die richtige Person. Oder vielleicht doch? Keine Ahnung. Ich mag jetzt jedenfalls nicht mein Herz ausschütten. Also fix ein Lächeln ins Gesicht und “Es geht mir gut!” gesagt. “Tolles Wetter heute… zum Glück schon Donnerstag… und so… schönen Tag noch!”

Es geht mir gut

Toll sind diese Masken. So schnell sind sie aufgesetzt. Verbergen zuverlässig was da im Innern liegt. Die “Es geht mir gut”- Maske geht mir leicht von der Hand. Es ist einfacher mit ihr. Sie ist wie ein Schutzschild. Denn es fällt mir schwer an die Emotionen in der Tiefe zu gehen. Und doch sind sie immer irgendwie da. Mal intensiver, mal weniger. So bringt mich die Frage “Wie geht es dir?” auch heute noch des Öfteren aus dem Konzept. Denn so richtig beschreiben kann ich es nicht. Obwohl es mir so eigentlich gut geht, gibt es immer mal wieder Tage wie heute. Ich bin glücklich und traurig zugleich. Für dieses Gefühl gibt es keinen Namen. Sollte mal jemand was erfinden. Traulich vielleicht? Und wie erkläre ich das jetzt jemanden, der mir am Morgen im Fahrstuhl ins Büro so eine unbekümmerte Frage stellt?

Meistens hat es gar keinen Platz. Und wenn ich dann doch mal vorsichtig erkläre, wie es in mir aussieht, löse ich sofort Bedrücken, Sorge und Traurigkeit bei meinem Gegenüber aus. Etwas, mit dem ich nur schwer umgehen kann. Denn es erinnert mich daran, wie schlimm unser Verlust eigentlich ist. Da bediene ich mich lieber der Trostmaske, die ungefähr so klingt: “Es ist okay. Das muss dich nicht traurig machen.”.

Aber eigentlich ist es nicht okay. Mein Kind ist tot.

Unscheinbare Zeichen

Die “Es geht mir gut”-Maske sehe ich bei vielen Betroffenen, egal ob sie ein Kind verloren haben oder ihren Partner, ihre Eltern, etc. Da ist dieses unsichere Lächeln, das nicht ganz die Augen erreichen will. Ein kurzes Luft anhalten. Ein “Es geht mir gut.”, dem noch eine kleine Pause nachhängt. Als würde man abwägen, ob man nicht doch noch die Wahrheit sagen sollte oder könnte. Eine nervöse Handbewegung, als würde sie etwas wegwischen wollen. Ein schnelles Abwenden der Augen. Einatmen. Und Themawechsel.
Wer nicht genau hinschaut, wird diese kleinen, subtilen Zeichen verpassen. Der wird das stumme Toben im Inneren seines Gegenübers nicht hören. Der wird weiter Konversation machen, ohne zu merken, dass sein Gegenüber noch einem ganz anderen inneren Monolog folgt.

Genau das passiert mir heute noch regelmässig. Mehr als zwei Jahre später schnappe ich immer noch innerlich nach Luft bei der einfachen Frage “Wie geht´s dir?”. Ich kann schwer über meinen eigenen Schatten springen und meine Gefühle offen zeigen. Ich weiss nicht warum.  Vielleicht aus Angst zu tief zu gehen, in das Unbekannte. Oder aus Angst die Kontrolle zu verlieren. Vielleicht weil ich nach dem Weinen immer aussehe wie Quasimodo. Was auch immer es ist, Masken sind einfach schneller aufgesetzt.

Ich sehe die Masken bei so vielen anderen. Wir alle tragen sie. Aber ich habe mir angewöhnt genauer hinzuschauen und diese kleinen Zeichen nicht zu verpassen. Wir sollten die Augen offen halten und richtig zuhören. Mit allen Sinnen. Es ist eine Chance nochmal nachzuhaken und einen Blick hinter die Fassade zu werfen. Und es ist eine Chance jemanden Raum für seine Emotionen zu geben. Ihm die Sicherheit zu geben, dass seine Gefühle okay sind und einen Platz haben dürfen.

Welche Masken trägst du?

Mir geht´s gut-Maske        Unsichtbares Gebrochenes Herz       Masken

 

Wenn du deine Masken gerne mal ablegen möchtest, bin ich für dich da.

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